Über 2’000 Unterschriften in einer Woche: Die SP will Steuern direkt vom Lohn abziehen
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Initiative
Basel-Stadt

Über 2’000 Unterschriften in einer Woche: Die SP will Steuern direkt vom Lohn abziehen

19.06.2023 16:54 - update 21.06.2023 10:08
Florian Scheller

Florian Scheller

Die SP Basel-Stadt nutzte das Abstimmungswochenende für eine Unterschriftensammlung. Die kantonale Initiative «Keine Steuerschulden dank Direktabzug» hat das Ziel, dass Steuern direkt vom Lohn abziehbar sind.

Laut Medienmitteilung vom Montag erfreut sich die Initiative «Keine Steuerschulden dank Direktabzug» grosser Beliebtheit. «In nur einer Woche konnten die Mitglieder der SP Basel-Stadt bei zahlreichen Aktionen bereits über 2’000 Unterschriften für das Anliegen sammeln. Das ist ein toller Erfolg!», schreibt die SP Basel-Stadt. Insgesamt sind 3’000 Unterschriften nötig, damit das Anliegen vors Volk kommt.

Schuldenfalle Nr.1 sind die Steuern

Jeder zehnte Schweizer Haushalt kann seine Steuern nicht rechtzeitig bezahlen. Damit sind Steuerschulden das grösste Problem der Schweizer Haushalte. «Aktuell verschulden sich jährlich 5’000 bis 6’000 Basler:innen und werden wegen nicht bezahlter Steuern vom Staat betrieben», schreibt die SP in ihrer Mitteilung. Auch eine Publikation der Christoph Merian Stiftung weist auf das Problem der Steuerschulden hin. Bei der Schuldenberatung seien 86 Prozent der Privatschulden unbezahlte Steuern.

Über 2'000 Unterschriften in einer Woche: Die SP will Steuern direkt vom Lohn abziehen
Bild: CMS

Die Betroffenen stehen bei einer hohen Schuldenlast unter grossem Druck, schreibt Plusminus, die Budget- und Schuldenberatung Basel. «Wegen Einträgen im Betreibungs­register finden sie keine Wohnung, ihre Kinder wachsen am Existenz­minimum auf und oft gehen mit dieser Stress­situation auch gesund­heitliche Probleme einher.»

Der Schweizer Sonderfall

Im europäischen Vergleich ist die Schweiz ein Sonderfall. In den meisten anderen Ländern werden die Steuern nach dem Prinzip der Quellenbesteuerung, also laufend, bezahlt. Dieses Prinzip ist aber auch in der Schweiz nicht unbekannt. Menschen ohne C-Bewilligung und Schweizer Pass werden die Steuern direkt vom Lohn abgezogen. Im Basel-Stadt sind es rund ein Drittel der Steuerpflichtigen, die quellenbesteuert werden.

Ein Gutachten im Auftrag von Plusminus hat sich mit dem «Freiwilligen Direktabzug der Einkommenssteuer im Kanton Basel-Stadt» befasst. Die Autoren kommen zum Schluss, dass die Wirkung des Direktabzugsverfahrens positiv ist. Mittelfristig entstehen viele Schulden gar nicht erst. Auch das Verantwortungsbewusstsein der Steuerpflichtigen werde durch die Quellensteuer nicht untergraben. «Steuererklärungen müssen weiterhin ausgefüllt und Steuerrechnungen müssen bezahlt werden». Da jeden Monat bei der Lohnabrechnung die Steuern aufgelistet wären, steigere sich durch diese Transparenz das Verantwortungsbewusstsein sogar.

Anliegen 2017 bereits abgelehnt

Das Anliegen der SP beschäftigt die kantonale Politik bereits seit Sommer 2015. Der damalige SP-Grossrat Ruedi Rechtsteiner verlangte in einer Motion, dass die Arbeitgebenden einen Abzug vom Lohn ihrer Arbeitnehmenden vornehmen und diesen an die Steuerverwaltung abliefern. Im Dezember 2017 lehnte der Grosse Rat den Direktabzug mit 48 zu 47 Stimmen ab. Die bürgerlichen Parteien und der Arbeitgeberverband sorgten dafür, dass die Vorlage im Parlament scheiterte.

«An dieser ablehnenden Haltung hat sich nichts geändert», erklärt FDP-Grossrat Luca Urgese gegenüber Baseljetzt. «Es ist nicht Aufgabe der Unternehmen, Steuern einzutreiben.» Problematisch sieht er auch den bürokratischen Aufwand und die rechtlichen Risiken für die Unternehmen. Es liege in der Verantwortung der Privatpersonen, die Steuern rechtzeitig zu bezahlen.

In einer Motion vom 14. Juni 2023 schlägt Luca Urgese deshalb eine Alternative zur SP-Initiative vor. «Der Kanton soll periodisch, zum Beispiel monatlich oder nach Wahl der steuerpflichtigen Person, Rechnungen an die Steuerpflichtigen für einen Teilbetrag der Steuern verschicken.» Die Bezahlung der Rechnung wäre dann freiwillig und es könne mehr oder auch weniger bezahlt werden.

Arbeitgeberverband «vehement» dagegen

«Wir lehnen diese Initiative ab und werden sie vehement bekämpfen», sagt auch Saskia Schenker, Direktorin des Arbeitgeberverbands. Die SP stelle mit ihren Forderungen die Basler:innen unter Generalverdacht, dass sie nicht in der Lage seien, Steuern zu zahlen. «Eigenverantwortung ist einer der grundlegenden Werte der Schweiz. Es ist nicht die Aufgabe der Unternehmen, die Arbeit der Steuerverwaltung zu übernehmen. Unter dem bürokratischen Mehraufwand würde der Wirtschaftsstandort Basel-Stadt leiden.»

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Kommentare

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29.09.2023 08:07

Brunoe

In Deutschland gilt der Steuerabzug schon seit Jahren mit guten Erfahrungen – sind wir eigentlich dümmer als die Deutschen? Der Mehraufwand vorzuschieben ist eine Ausrede vom Wirtschaftsverband, so können die Arbeitgeber höhere Löhne ausweisen, wie die Steuern bezahlt werden ist dann nicht ihr Problem. Die ganze Steuereintreiberei wird dem Staat überlassen, also uns Steuuerzahler.

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21.06.2023 09:15

aenis

Dle Links, Grüne sind immer verdammt schnell, wenn es um der Griff ins Portmonee der Bürger*in geht.

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