Wenn Lärm der Gesundheit schadet: Diese Geräusche nerven in Basel am meisten
Tag gegen Lärm
Basel-Stadt

Wenn Lärm der Gesundheit schadet: Diese Geräusche nerven in Basel am meisten

24.04.2024 12:00 - update 25.04.2024 09:53
Leonie Fricker

Leonie Fricker

Rauschende Strassen, polternde Nachbarn oder hämmernde Baustellen: Lärm hat viele Gesichter. Im schlimmsten Fall kann er krank machen. Der «Tag gegen Lärm» soll für die Lärmproblematik sensibilisieren. Zwei Experten geben Auskunft.

Wer in der Stadt lebt, ist ständig von Lärm umgeben – am Tag und in der Nacht. Gemäss Bundesamt für Umwelt (BAFU) ist jede siebte Person in der Schweiz von störendem oder schädlichem Lärm betroffen, davon leben 90 Prozent in den Städten.

Die Baslerinnen und Basler kommen im schweizweiten Vergleich noch glimpflich davon: Die Stadt am Rheinknie liegt erst an fünfter Stelle der lautesten Schweizer Städte. Spitzenreiter ist Genf und am ruhigsten lebt es sich in Bern. Der Hauptverursacher des Lärms ist ganz klar der Strassenverkehr.

Jährlich 500 Lärmtote

Aber macht Verkehrslärm auch krank? Dieser Frage sind Schweizer Forschende nachgegangen, darunter der Umweltepidemiologe Martin Röösli vom Tropeninstitut in Allschwil. Seine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt, dass der Verkehrslärm in der Schweiz – also von Autos, Zügen und Flugzeugen – für rund 500 Todesfälle pro Jahr mitverantwortlich ist.

«Lärm ist ein Stressfaktor und stört den Schlaf», sagt Martin Röösli gegenüber Baseljetzt. Langfristig könne dies zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt führen. Auch Diabetes und Depressionen würden durch den Lärm mitverursacht, so der Lärmexperte. Untersuchungen haben ergeben, dass das Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken um 35 Prozent steigt, wenn der Strassenlärm um 10 Dezibel zunimmt. Bei Kindern gebe es zudem Hinweise auf Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwierigkeiten.

Ab 45 Dezibel schädlich

Besonders problematisch sei der Lärm in der Nacht. Ungünstig seien auch hohe Spitzen wie zum Beispiel bei einem Überflug, «oder wenn es gar nie ganz ruhig ist wie an einer dicht befahrenen Strasse», so Röösli.

Wenn Lärm der Gesundheit schadet: Diese Geräusche nerven in Basel am meisten
Martin Röösli ist Professor für Umweltepidemiologie. Bild: X

Schädlich wird Lärm ab einer durchschnittlichen Belastung von mehr als 45 Dezibel. Dann kann es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. «In einer Wohnung an einer Hauptstrasse sind es typischerweise 45 Dezibel», sagt der Experte. Interessant dabei: Der Lärm kann auch dann schädlich sein, wenn der oder die Betroffene ihn gar nicht als störend empfindet.

Sich vor Verkehrslärm zu schützen, sei nicht einfach, sagt Röösli. «Natürlich kann man nachts die Fenster schliessen oder Ohrstöpsel tragen – aber das hat Nachteile.» Deshalb sei es wichtig, den Lärm an der Quelle einzudämmen. Zum Beispiel durch leisere Motoren oder Asphalt sowie leichtere Autos, schlägt der Lärmexperte vor.

Worüber beschwert sich Basel?

Mit Strassenlärm setzt sich auch der Basler Lärmschutz auseinander. Die Behörde muss die Belastung überwachen und dafür sorgen, dass die Grenzwerte nicht überschritten werden. Die Expertinnen und Experten vom Lärmschutz haben es mit allen möglichen Arten der unerwünschten Beschallung zu tun. Das Spektrum reicht vom bellenden Hund des Nachbarn bis zum klirrenden Geräusch der Altglasentsorgung.

Doch welche Geräusche nerven die Baslerinnen und Basler am meisten? Die Abteilung Lärmschutz des Amts für Umwelt und Energie kennt die Antwort. Und die ist – zumindest teilweise – überraschend. Einerseits werde derzeit oft über Baulärm geklagt, sagt Abteilungsleiterin Regina Bucher. Mindestens ebenso häufig stören sich die Leute aber am Lärm technischer Anlagen wie Lüftungen, Heizungen oder Wärmepumpen. Surrende Kühlventilatoren oder rauschende Lüftungen werden vor allem nachts als sehr störend empfunden.

Dem leisen Lärm auf den Spuren

Beim Lärmschutz gehen täglich ein bis zwei Lärmbeschwerden ein. Nicht jeder Lärm lässt sich sofort lokalisieren oder zuordnen. «Wenn wir die Lärmquelle nicht kennen und auf die Suche gehen müssen, wird es knifflig», sagt Regina Bucher. In solchen Fällen seien die Messtechnikerinnen und -techniker auch mal nachts unterwegs. «Oder wir setzen Werkzeuge wie die akustische Kamera ein, um der Ursache auf die Spur zu kommen.»

Doch auch das ist nicht immer einfach. «In einem Fall haben wir fast zwei Jahre nach der Lärmquelle gesucht», erinnert sich Bucher. «Erst durch den Einsatz einer akustischen Kamera konnten wir schliesslich die Ursache, eine unscheinbare Lüftungsöffnung im Dach eines Nachbargebäudes, als Lärmquelle identifizieren und das Lärmproblem beheben.»

Lärmempfinden ist subjektiv

So eine Lüftung ist doch gar nicht laut, könnte man meinen. Aber bei Lärm gilt eben nicht: Je lauter, desto schlimmer. «Ein Geräusch wird dann zum Lärm, wenn man sich daran stört, und das ist subjektiv», sagt die Leiterin Lärmschutz.

Die meisten Menschen würden sich vordergründig eher an lauten Geräuschen stören als an leisen. «Aber auch leise Geräusche wie die summende Fliege im Wohnzimmer oder der tropfende Wasserhahn können unser Wohlbefinden beeinträchtigen.» Besonders stark reagieren Menschen zudem auf Geräusche in der Nacht. Wird man nachts einmal aus dem Schlaf gerissen, sei das ärgerlich. «Kommt es wiederholt vor, kann das schnell zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen», so Regina Bucher.

Klangspaziergänge durch Basel

Wer die eigene auditive Wahrnehmung schärfen will, kann an sogenannten Klangspaziergängen durch Basel teilnehmen. Sie sollen dabei helfen, mit den Geräuschen aus der Umgebung umzugehen, statt sie als unangenehm zu verdrängen. Am Mittwochabend, am «Tag gegen Lärm», findet ein solcher Spaziergang durch Basel statt. Es sind noch wenige freie Plätze verfügbar.

Der letzte Mittwoch im April gilt dem «International Noise Awareness Day». Dieser wurde 1996 in New York ins Leben gerufen. Rund zehn Jahre später wurde der Aktionstag auch in der Schweiz bekannt. Seither wird er vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) mitgetragen. Der «Tag gegen Lärm» soll die Öffentlichkeit auf das Thema Lärm sensibilisieren.

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Kommentare

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24.04.2024 12:15

akjo

Mein Nachbar renoviert seine Wohnung, da Er tagsüber Arbeiter, wird erst ab 18.30 geboren, geklopft etc. Sehr unangenehm dieser Lärm nach einem Tag Arbeit zu zuhören.

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